Tunnelprojekt schadet München und ganz Bayern
S-Bahn-Tieftunnelprojekt ist ein falsches Signal für die Entwicklung des Schienennahverkehrs.
-> Presseinformation des VCD München vom 5. April 2017
Die politisch Verantwortlichen von Freistaat und Landeshauptstadt versuchen gebetsmühlenartig den Wählern Glauben zu machen, dass durch eine 2. Tunnelstrecke die Münchner S-Bahn-Probleme mit Ausfällen und Verspätungen endlich gelöst werden. “So einfach ist die Welt nicht. S-Bahnen in Frankfurt, Berlin, Stuttgart und Köln haben ähnliche Pünktlichkeitsprobleme ohne, dass dort Tunnel-Großprojekte geplant werden”, erklärt Gerd Weibelzahl vom bayerischen Vorstand des ökologischen Verkehrsclub Deutschland VCD.
Weibelzahl gibt zu bedenken: “Wo in der Welt baut man eine vierte Strecke zwischen zwei Bahnhöfen, wo es schon drei gibt (Südring, S-Bahn-Tunnel, U5)? München hat bereits zwischen Ostbahnhof und Hauptbahnhof drei leistungsfähige Schienenstrecken. Und sogar zusätzlich eine Tram!”
Schon allein das stellt den Sinn eines neuen Tunnels in Frage. Wolfram Liebscher, Vorsitzender des VCD-Kreisverbands München reklamiert, dass der Öffentlichkeit kein schlüssiger Nachweis darüber vorgelegt wurde, dass das Projekt mehr Nutzen bringt als es kostet. Bisher blieben die aktuelle Baukostenerhöhung und die Nachteile der Tieftunnellösung unberücksichtigt. Doch nun beginne man schon mal mit dem Bau. Das sei unverantwortlich. Frühere Nutzen-Kosten-Betrachtungen kranken nach Meinung von Experten bereits daran, dass die verlängerten Zugangswege zu den 40 Meter tiefen Stationen nur ansatzweise eingerechnet wurden. Dabei bringen die Tiefbahnhöfe nie da gewesene Nachteile. “Wer fährt schon freiwillig 40 Meter in die Tiefe, um in eine S-Bahn zu steigen, wenn es auch den deutlich kürzeren Zugang über die bestehende Stammstrecke gibt”, fragt Liebscher.
Der VCD vertritt die Auffassung, dass der Bau des zweiten Stammstreckentunnels mit veranschlagten 3,8 Milliarden Euro viel zu teuer ist und an den Fahrgastbedürfnissen vorbei geht. Es fehlt das Geld für Projekte, die dem Fahrgast in München und bayernweit wirklich zugutekommen. Heutige Verkehrsprobleme könne man nunmal nicht mit Großprojekten und der Beton-Politik des 20. Jahrhunderts lösen, ergänzt der Liebscher und fordert: “Wir brauchen kleinteiligere und intelligente Lösungen, die überall dort in kurzer Zeit greifen, wo Engpässe durch neue Bauentwicklungen entstehen.” So gehörten in München vor allem periphere Verbindungen dringend gestärkt, damit man nicht weiter von einem Außenbezirk in den anderen über den Marienplatz fahren muss. Dass das die wenigen citynahen Knoten dauerhaft überfordert, ist logisch. Wirkliche Lösungen dafür? Hier geben sich Landesregierung wie auch städtischen Planer bisher einsilbig. Wie lange noch?